Diabetisches Fußsyndrom
Das Diabetische Fußsyndrom (DFS), umgangssprachlich auch „diabetischer Fuß“ genannt, ist ein Syndrom im Zusammenhang mit Diabetes
mellitus, das am häufigsten bei Patienten mit Diabetes Typ 2 (sog. Zuckerkrankheit) auftritt. Das Diabetische Fußsyndrom führt jährlich in Deutschland zu etwa 40.000 Amputationen und ist damit
Ursache von zwei Drittel aller durchgeführten Amputationen.
Ursache
Durchblutungsstörungen und Wunden
Als Ursache kommen Wunden am Unterschenkel oder Fuß in Frage, die nicht innerhalb von zwei bis drei Wochen spontan abheilen.
Ursachen sind oft Durchblutungsstörungen der Extremität oder ein im Rahmen der diabetesbedingten Nervenschädigung (Polyneuropathie) vermindertes Schmerzempfinden. Die Wunden entstehen bei banalen
Unfällen, nach nicht sachgemäßer Fußpflege, oder bereits durch Anstoßen der Zehenspitzen im Schuh oder gegen Kanten.
Das Risiko, an einer schlecht heilenden Wunde zu leiden, ist bei gleichzeitiger Durchblutungsstörung besonders hoch. Tiefe
Hautgeschwüre (Ulzerationen) können immer weiter in den Fuß hineinreichen und auch mit MRSA-Keimen besiedelt werden, die eine normale Wundversorgung und -heilung verhindern können.
Charcotfuß
Eine weitere Ursache sind Zerstörungen von Knochen und Gelenken am Fuß (Charcotfuß). Ein Charcotfuß (auch DNOAP =
diabetisch-neuropathische Osteoarthropathie) entsteht im Rahmen der Polyneuropathie. Kommt es dann zum Bruch, spürt ihn der Betroffene häufig durch die Polyneuropathie nicht. Da kein
Schmerzempfinden vorhanden ist, belasten viele Betroffene wochenlang den gebrochenen Fuß weiter. Der Fuß wird warm, geschwollen und rot im Vergleich zur Gegenseite. Der Schmerz fällt dabei
geringer als erwartet aus oder kann sogar trotz erheblicher Knochenbrüche ganz ausbleiben. Zum Arzt führen z.B. die auffällige Deformierung des Fußes oder entstehende Geschwüre.
Als Therapie erfolgt zunächst die komplette Entlastung (Bettruhe), dann die teilweise Entlastung z.B. in Gipsverbänden, später
müssen spezielle orthopädische Maßschuhe getragen werden.
Anzeichen einer Schädigung
Die Anzeichen einer Schädigung können auf Nervenschäden oder Durchblutungsstörungen hindeuten:
Nervenschäden
- Taubheitsgefühl, Brennen, Kribbeln in den Zehen und den Füßen.
- Das Gefühl, auf Watte zu laufen sowie das Gefühl, kalte Füße zu haben, obwohl diese warm sind.
- Schmerz bei ruhenden Füßen, vor allem nachts und Schmerzlinderung durch Umhergehen oder Kühlen.
- Gelenkschwellungen sowie starke Neigung zum Verhornen und zu Nagelpilz.
- Verminderung oder Verlust von Temperatur- und Schmerzempfinden
Durchblutungsstörungen
- kalte Füße
- Dünne, pergamentartige, bläulich blasse Haut
- Druckstellen (rötl. Hautflecken, die sich nicht wegstreichen lassen)
- Wadenschmerzen oder -krämpfe beim Gehen - Linderung durch Stehenbleiben, umgangssprachlich auch Schaufensterkrankheit genannt.
Vorbeugung
Vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung des Diabetischen Fußsyndroms betreffen alle Menschen mit Diabetes und mit eingeschränkter
Empfindung oder Durchblutungsstörungen.
Allgemein sollte Wert auf eine gute Hautpflege - auch zur Beobachtung gefährdeter Körperstellen - gelegt werden. Zur Nagel- und
Schwielenpflege dürfen keine scharfen Gegenstände verwendet werden (auch nicht von Fußpflegern), stattdessen Nagelfeilen und Bimssteine. Hautpflegende Salben sollen nicht in die
Zehenzwischenräume aufgetragen werden, sondern auf Fußsohle und Fußrücken. Fußpilz soll konsequent behandelt werden und Zehenzwischenräume nach dem Baden sorgfältig getrocknet werden. Die Schuhe
müssen ausreichend weit und weich sein und die Füße täglich auf Verletzungen geprüft werden, z.B. mit einem Rasierspiegel.
Als Maßnahmen zur Vorbeugung werden empfohlen
Täglich die Füße genau ansehen und auf Verletzungen sowie Druckstellen überprüfen. Auf Schwellungen prüfen, indem mit der Hand
über den Fuß gestrichen wird, auch nach dem Tragen neuer Schuhe oder nach langen Spaziergängen/Wanderungen Füße überprüfen.
-
Täglich mit lauwarmem Wasser waschen. Nicht länger als drei Minuten, gut trocknen, besonders in den
Zehenzwischenräumen.
Haut gut eincremen mit harnstoffhaltigen Cremes, um Risse (Rhagade/Schrunde) zu vermeiden. Die Creme muss gut einziehen/abtrocknen, es dürfen keine Rückstände zwischen den Zehen verbleiben. -
Nur Feilen verwenden, keine Raspeln, Nagelzwicker oder Scheren verwenden.
Fußnägel spatenförmig (gerade) mit Feilen formen, nie schneiden - wegen Verletzungsgefahr. -
Keine Hühneraugenpflaster oder -tinkturen verwenden, sie können ätzende Stoffe enthalten, die zu Verletzungen führen. -
Bequeme, weite und weiche Schuhe tragen, möglichst aus Leder, keine Gummi- und Turnschuhe wegen der Schweißbildung. Schuhe täglich vor der Benutzung mit der Hand auf Unebenheiten oder Steinchen etc. kontrollieren. -
Baumwollstrümpfe ohne drückende Naht tragen, Strümpfe täglich wechseln -
Füße nicht großer Hitze aussetzen, wie sie etwa bei Heizdecken oder Kaminen entsteht, es besteht Verletzungsgefahr, keine direkte Sonneneinstrahlung - Vorsicht beim Barfußlaufen, Fußpilzgefahr sowie Gefahr von Schnitt und Schürfwunden
Besonders Diabetiker sollten bei Fußproblemen professionelle Hilfe bei einem Podologen, der sich auf die Behandlung von Diabetischem Fußsyndrom spezialisiert hat, suchen. Diese Behandlung kann unter bestimmten Voraussetzungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vom Arzt verordnet werden.
Behandlung
Je nach Schwere der Schädigung und des Stadiums sollten die Patienten fachgerecht von einem Wundbehandlungsteam versorgt werden.
Durch die Wundheilungsstörung kann sich die Behandlung über sehr lange Zeiträume hinweg ziehen. In einigen Fällen ist auch eine antibiotische Langzeittherapie zusätzlich zur regelmäßigen
Wundversorgung notwendig. Ab Stadium II ist in Einzelfällen eine stationäre Versorgung notwendig.
Die Behandlung kann sich an den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung bzw. der Deutschen
Diabetes-Gesellschaft orientieren.
Im Wundbehandlungsteam arbeiten zur optimalen Versorgung je nach Fall unterschiedliche Spezialisten zusammen, u.a.:
- Ärzte (Allgemeinarzt / Internist / Diabetologe / Chirurg / Gefäßchirurg / Orthopäde)
- spezialisierte Fachkräfte (Wundtherapeuten DGfW / Wundmanager ICW)
- Orthopädietechniker
- Podologen
- Psychosoziale Betreuung
Therapieorientierung:
Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes: Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen der
Bundesärztekammer, AWMF und KBV (AWMF Leitlinien-Register NVL 001/c)
S3-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Wundbehandlung (Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken
periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz)
Diagnostik, Therapie, Verlaufskontrolle und Prävention des diabetischen Fußsyndroms, Leitlinie der Deutsche Diabetes Gesellschaft
und der Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie
Selbst unter optimalen Bedingungen befinden sich viele Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom in Dauerbehandlung und sind teilweise
sehr eingeschränkt in den Aktivitäten des täglichen Lebens.
Therapiemethoden
Ursachenbekämpfung:
Durch gefäßchirurgische Maßnahmen, wie beispielsweise eine Revaskularisation durch Bypass sowie durch orthopädische Eingriffe zur
Korrektur von Fehlstellungen im Bereich des Fußes bei diabetischer Osteoarthropathie zur Vermeidung von Druckbelastungsspitzen und vorstehenden Knochenkanten. Ersteres zielt auf eine
Wiederherstellung der Sauerstoffversorgung, welche die Wundheilung erst ermöglicht. Die Sauerstoffversorgung kann allerdings auch durch eine Hyperbare Sauerstofftherapie erfolgen, welche parallel
auch die Gefäßneubildung beschleunigt. Eine Ursachenbekämpfung ist aber nur in Zusammenarbeit beider Fachrichtungen zielführend.
Wundreinigung und Débridement: Meist chirurgische Abtragung von avitalem Gewebe, Nekrosen, Belägen und/oder Entfernung von
Fremdkörpern bis an intakte anatomische Strukturen heran unter Erhalt von Granulationsgewebe – vorwiegend aktive periodische Wundreinigung als gezielte wiederkehrende mechanische Wundreinigung im
Rahmen des Verbandwechsels.
Verbände: In einem Cochrane-Review von Palfreyman zeigt sich hinsichtlich der Wundheilung kein statistisch signifikanter
Unterschied zwischen Hydrokolloiden und Gazen oder Kompressen, Alginaten, Schaumstoffen oder Hydrokolloiden unterschiedlicher Hersteller. Auch eine Vakuumtherapie findet oftmals Anwendung.
Physikalische Interventionen:
Zur Ergänzung der konventionellen Wundbehandlung werden eine ganze Reihe unterschiedlicher Verfahren angeboten, deren Ziel eine
effektivere und schnellere Wundheilung ist, um hierdurch die überaus hohe Amputationsrate zu reduzieren. Neben vielen Fallberichten gibt es nur wenige gute klinische Studien, die wissenschaftlich
eine tatsächliche Wirkung dieser Verfahren belegen. Viele Verfahren sind noch als experimentell zu bewerten. Eine Übersicht über die Wertigkeit der unterschiedlichen Behandlungsvorschläge findet
sich in der genannten S3 Leitlinie. Folgende Verfahren finden derzeit Anwendung:
Hyperbare Sauerstofftherapie als Überdruckbehandlung des ganzen Körpers, die nach Ausschöpfen von Revaskularisationsmaßnahmen als
zusätzliche Therapieoption verwendet werden kann (Nach Urteil des Bundessozialgerichtes vom 7. Mai 2013 (PDF; 23 kB) können dafür geeignete gesetzlich versicherte Patienten den Kostenersatz von
ihrer Krankenkasse erhalten)
- Reizstromtherapie
- Stoßwellentherapie (ESWL)
- Niederenergetischer (low-level) Laser zur Lichttherapie
- Wärmebehandlungen mit Infrarotstrahlern
- Ultraschalltherapie
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose.
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Originalquelle mit Einzelnachweise : http://de.wikipedia.org/wiki/Diabetisches_Fu%C3%9Fsyndrom
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